Was macht man mit Jugendlichen, die Probleme mit sich selber haben und deswegen ihren Mitmenschen Probleme machen? Die vielleicht kognitive oder psychische Einschränkungen haben – aber nicht so starke, dass sie keiner Arbeit nachgehen könnten? Die schon vieles versucht, aber nichts zu Ende gebracht haben? Für solche jungen Leute gibt es seit zehn Jahren im KJF Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrum Sankt Nikolaus ein Angebot, das seither immer wieder den Ausweg gewiesen hat: vom absteigenden Ast, der in die Langzeitarbeitslosigkeit führt, auf den aufsteigenden Ast, der eine abgeschlossene Berufsausbildung und ein Leben auf eigenen Fußen möglich werden lässt.
Damals wurde in der Einrichtung in Dürrlauingen mit einem neuen Ansatz begonnen. Jugendliche, die von ihrem Verhalten und ihrer Entwicklung her nicht in der Lage waren, einen Berufsvorbereitenden Kurs oder gar eine Ausbildung zu beginnen, sollten Schritt für Schritt soweit gebracht werden, dass dies möglich wird. Flexible Arbeits- und Berufs-Vorbereitung – das war das Zauberwort für das neue Vorhaben. Es steht für eine eher handfeste, den Menschen zugewandte Pädagogik und ist unterlegt mit viel Erfahrung der Einrichtung im Umgang mit jungen Leuten, die den Weg ins Erwachsenenleben nicht alleine finden. Bezahlt wird das alles von dem für den Wohnort des jungen Menschen zuständigen Landratsamt oder der Stadt – eine sehr sinnvolle Investition in die Zukunft der jungen Menschen, aber auch der Gesellschaft.
„Am Anfang geht es nicht um Berufswahl, sondern den Aufbau von Schlüsselqualifikationen wie Pünktlichkeit, Genauigkeit, sauberes Arbeiten. Zudem muss der junge Mensch einen regelmäßigen, strukturierten Tagesablauf mit festen Zeiten für Essen, Schlafen, Lernen und Arbeiten bekommen und den durchhalten“, berichtet Georg Weizmann, Ausbildungsleiter im Berufsbildungs- und Jugendhilfezentrum. „Dabei ist die enge Zusammenarbeit zwischen Berufsschule, Wohnen und Werkstatt charakteristisch für unser Konzept.“
Seit dem Beginn vor 10 Jahren haben etwa 140 Teilnehmer dieses Programm durchlaufen. „Rund 60 Prozent der Teilnehmer konnten danach eine Berufsausbildung im Berufsbildungswerk beginnen, etwa fünf Prozent sogar in Betrieben der freien Wirtschaft. Weitere zehn Prozent wechselten in eine berufliche Fördermaßnahme oder in die Werkstatt für behinderte Menschen“, so Weizmann. „Etwa 25 Prozent haben den Lehrgang abgebrochen oder nicht beendet. Das ist auf den ersten Blick eine hohe Zahl – wenn man die Alternativen bedenkt ist es aber sensationell, dass wir weit über die Hälfte auf Dauer in reguläre Beschäftigungsverhältnisse gebracht haben. Das wäre ohne dieses Programm für diesen Personenkreis nicht möglich gewesen, die meisten wären vermutlich sonst dauerhaft arbeitslos.“
Als vor einigen Jahren zahlreiche junge Flüchtlinge nach Deutschland kamen war dieses Konzept sehr hilfreich, weil es bereits funktioniert hat und die Bezahlung mit den öffentlichen Kassen bereits ausgehandelt war. „Wir mussten nur noch den täglichen Deutschunterricht einbauen“, erzählt Weizmann. So konnten im vergangenen Sommer die ersten jungen Flüchtlinge bereits nach dreieinhalb Jahren in Deutschland einen Gesellenbrief in der Hand halten – ein sensationell schnelles Tempo, das bundesweit nahezu einmalig ist.